Mittwoch, 3. Dezember 2008

Auf zwei Rädern nach Nordosten

Tokyo ist eine nicht ganz günstige, aber sehr sichere Stadt. Dies und die Tatsache, dass es in der U-Bahn nichts zu sehen gibt als schlafende Japaner haben mich zum Entscheid geführt, die Stadt täglich auf zwei Rädern zu durchqueren.
Ich habe mir also gleich zu Beginn ein tolles Rad gekauft auf dem ausgetrockneten Occasionsmarkt. Natürlich nicht irgendein Rad, sondern ein wirklich schönes. Es besteht im Wesentlichen aus einem Rahmen und zwei Rädern in edelster Qualität. Auf Gangschaltung und Bremsen wird aus Purismus verzichtet. Das nennt man Fixie. Das tönt vielleicht mehr nach japanischem Kamikaze als japanischer Aesthetik, wäre aber fehlinterpretiert.
Der Fahrstil muss natürlich angepasst werden. Ich schaue weit voraus und beobachte alle Verkehrsteilnehmer und fliesse mit ihnen mit und Ausweichen hat Priorität vor Stoppen. Vor Kurven muss ich das Tempo entsprechend meinem Bremsweg reduzieren. Da der Antrieb fix ist, reduziere ich die Geschwindigkeit indem ich die Pedale bremse anstatt antreibe. Das Bergabfahren wird also mindestens ebenso anstrengend wie bergauf, einfach dass das Drehmoment in umgekehrter Richtung aufgebracht wird.
Im Notfall blockiere ich das Hinterrad einfach. Das wird Skidding genannt und ist ziemlich schwierig.
Auf der Gerade jedenfalls ist das Velo super schnell. Schliesslich stellen die Bahnfahrer ja auch Geschwindigkeitsrekorde mit solchen Rädern im Velodrome auf.
In Tokyo gibts es zwei Klassen von Radfahrern. Diese, die mit schweren Damenvelos auf dem Gehsteig herumkurven und manchmal gar einen Schirmständer am Lenker montiert haben und jene, die mit Topvelos und Helm durch die Strassen rasen, um die Taxis kurven, stets in der Hoffnung dass die Taxis nicht plötzlich eine Vollbremsung machen beim Ersichten eines potentiellen Kunden. Zur zweiten Kategorie gehören hauptsächlich Velokuriere und Austauschstudenten.

Für das Fahrrad braucht man neben der Antidiebstahl-Rahmenregistrierung auch einen Parkplatz (das sind die farbigen Aufkleber auf der Sattelstütze im Foto). An der Uni ist das gebührenfrei aber am Bahnhof kostet das etwa einen Franken pro Tag, woran ich mich noch nicht gewöhnen konnte und so steht mein Velo meist irgendwo an einen Baumstamm gekettet.


Ein anderes Thema ist die Orientierung. Tokyos Strassen erinnern mehr an ein Spinnennetz als an gerade Quadratblocks und die Gebäude sehen sich z.T. sehr ähnlich.
Mein Pendlerweg vom Komaba-Campus im Südwesten wo ich wohne zum Hongo-Campus im Nordwesten wo mein Lab ist, geht wirklich quer durch Tokyo. Die erste Woche konnte ich ohne Kompass und Karte überhaupt nichts finden, inzwischen ist mir das ganze schon viel vertrauter und brauche nur noch 40min für diese Strecke. Anfangs wars das Doppelte.
Jedenfalls werden die Temperaturen auch hier langsam etwas kälter und sind momentan so rund 10 Grad C. Dies hat mich dazu bewogen, dass ich schlussendlich doch einen U-Bahn-Monatspass gekauft habe für mehr als 80 CHF. Aber die Reisezeit bleibt dieselbe.

2 Kommentare:

Christoph hat gesagt…

Darfi de au mol mit däm coole Bike fahre?! Wet au so eis!:-)

Unknown hat gesagt…

Klar, sobald du in Tokyo bist, sprich in nicht einmal mehr zwei Wochen!