Dienstag, 18. November 2008

Japanische Konsequenz

Mittlerweile habe ich mich schon an den Japanischen Alltag gewöhnt und sehr viel über die Menschen hier gelernt. Aus Gesprächen mit Ausländern, Japanern und v.a. aus Beobachtungen der kleinen Dingen des täglichen Lebens. Der Blog blieb während dieser Zeit stumm, weil es wirklich schwierig ist, diese kleinen Entdeckungen in kurze Worte zu fassen, ohne einfach alles aufzuzählen, was ich bisher erlebt habe (und das möchte ich uns beiden ersparen).

Ein Wort das mir immer wieder dazu einfällt ist 'Konsequenz`. Dazu einige Beispiele.

- Im täglichen Leben machen die Japaner einen sehr beschäftigten, abweisenden Eindruck auf Fremde. In der U-Bahn wird weder gelächelt noch gesprochen, sondern gelesen oder geschlafen. Wenn man dann aber an eine Party kommt, wird man grad in die Gruppe integriert und sehr schnell aufgenommen. Auch in den Ausgang geht man entweder ganz - dann gibts Rauschtrinken die ganze Nacht durch, oder eben gar nicht.

- Wenn etwas geplant wurde, wird mit grossem Eifer versucht, das auch wirklich auszuführen. Als ich beim Umherreisen einige Male am Nachmittag noch nicht wusste, wo ich am Abend schlafen werde, wurde ich ziemlich verwundert angeschaut. Improvisation ist hier keine Tugend, sondern ein Zeichen mangelhafter Planung.



- Selbst die Natur wird geplant. Japanische Gärten (siehe oben) sind centimeter genau geplant, jedes Blatt wird zurechtgeschnitten sodass das Gesamtbild schöner, ja eben 'natürlicher' als die wilde Natur selbst wird. Vor der Küste werden künstliche Inseln aufgeschüttet um neues Land zu schaffen. Und trotzdem ist ein grosser Respekt vor der Natur vorhanden.

- Dieser ausgeprägte Sinn für Äthethik ist in der modernen Mode und Architektur genauso wie bei den traditionellen Kimonos und Tempeln zu verspüren. Die kleinen, schönen Wohnungen bestehen teilweise wirklich nur aus dem Nötigsten; Tatami-Matten auf dem Boden, ein ausrollbarer Futon zum schlafen und einige ausgewählte Gegenstände an der Wand. Was für mich völlig puristisch scheint, ist für sie einfach praktisch. Diesen Purismus beginne ich zu mögen.



- Japaner identifizieren sich stark durch ihre Gruppe, nicht durch Individualismus. Diese Gruppe findet man meist bei der Arbeit, aber auch beim Sport oder bei anderen Aktivitäten. Darum ist die Trennung zwischen Arbeit und Freizeit weder scharf noch wichtig. Im Büro tragen dann auch alle denselben schwarzen Anzug und man ist irgendwie eine grosse Familie.

Naja, ich habe jetzt fünf Punkte aufgezählt, die vielleicht einen Hauch von Verständnis der Japaner ermöglichen. Doch die japanische Kultur ist sehr viel gegensätzlicher und viele brechen aus diesem Schema aus.
Ich freue mich, noch viel von den Japanern zu lernen. Aber zum Japaner wird man nie. Es gibt hier zwei Gruppen, die Japaner und die Gajin (=Ausländer). Nichts dazwischen. Konsequent.