Sonntag, 17. Mai 2009

Mit dem Schrein durch die Gassen

Die Japaner besuchen zu verschiedenen Gelegenheiten buddhistische Tempel und shintoistische Schreine. In den Tempeln wird der Lehrer Buddha verehrt und angebetet. In den Schreinen allerdings wohnen die Gotteswesen ("Kami") selbst in animistischer Tradition, im einen der fürs Geld, die Schule oder für die Liebe.

Die tragbaren Schreine ("Mikoshi" 神輿, wörtlich: „Göttersänfte“) sind tragbare Shintō-Schreine, in denen die Kami mittels eines im Mikoshi eingelagerten Shintai reisen.
Der Mikoshi mit seinem reich verzierten Dach wird bei japanischen Volksfesten ("Matsuri") von jungen Männern und Frauen mit Hilfe zweier waagerechter Tragbalken getragen. Die Träger stemmen sich unter die Balken und tragen es mit lauten, rhythmischen Rufen durch die Straßen (klicke aufs Video).



Diese Festivals finden in verschiedenen Quartieren statt; ein sehr grossen davon ist in Kanda, im Osten Tokyo's. Einerseits bringen sie der Nachbarschaft Glück, andererseits sollen sie aber auch der Errichtung des Shogunats gedenken, das Tokyo (unter dem Namen "Edo") zur Hauptstadt machte anstatt Kyoto.

Durch eine Studentenorganisation erhielt ich die einmalige Möglichkeit, aktiv am Festival des Quartiers "Iwamoto-cho" teilzunehmen. Zuerst mussten wir uns traditionell einkleiden, von den weissen Tabi-Socken bis zum Obi-Gürtel, dann wurden wir von einem sog. "Mikoshi Meister" kurz (auf Japanisch) in die Kunst des Schreintragens eingeführt und schon ging es los. In kleinen, rhythmischen Schritten, die Querbalken des mehr als eine Halbe Tonne wiegenden Schreins auf den Schultern gelagert (klicke unten aufs Fotoalbum). Dazu wird gesungen, gerufen, ja gar gestöhnt. V.a. das Hochstemmen ist für grosse Leute (wozu ich mich zähle) wirklich anstrengend und verspricht Schulterschmerzen.
Die Erfahrung war unglaublich. Unglaublich Japanisch. Aber man findet nicht so einfach heraus, warum man diesen Schrein jetzt durch die Strassen trägt. ;)

Von JP-Mikoshi