Montag, 22. Dezember 2008

Todai Video

Leider nehme ich mir momentan zu wenig Zeit für Aufsätze. Dafür hab ich ein Werbefilmchen von der Uni Tokyo, das euch einen Eindruck gibt vom Studentenleben hier.

Mittwoch, 17. Dezember 2008

Reis ist mehr

Die Landschaft hier ist von Reisfeldern geprägt und die Mahlzeiten ebenso. Und viel mehr als eben nur Reis.
Das Frühstück ist "Asa gohan", was wörtlich übersetzt "Morgen Reis" bedeutet. Und wenn man mal keinen Hunger mehr hat, sollte man wenigstens versuchen, die Reisschale fertig zu essen, auch wenn man dafür Fisch und Fleisch stehen lassen muss. Denn dem Reis ist Respekt zu zollen.
Und sagt jetzt bitte nicht, dass ihr den Reis aus Japan nicht von dem aus China unterscheiden könnt...

Montag, 15. Dezember 2008

Osechi (お節料理) - das Neujahrsessen

Mein Japanischunterricht ist sehr lustorientiert. Man trifft sich zweimal die Woche, lernt paar Sätze über sich, seine Interessen und sein Leben zu sagen und führt dann Konversation mit den andern Studenten. Das ist meist ziemlich lustig und wir lernen auch manches über die Japanische Kultur.

Heute habe ich ebendort die Geschichte des Osechi gehört. Das ist das Essen, das die Japanische Frau vorbereitet für Neujahr, da es gut aufbewahrbar ist. Das Essen besteht aus sehr vielen Zutaten die eine Bedeutung haben. Ich versuche euch einige aufzuzählen, an die ich mich noch erinnern kann.



So steht z.B. der Hering, der sehr viele Eier legt für Fruchtbarkeit im neuen Jahr, so ein stangenförmiges Gemüse steht für Schutzengel, da man hindurch in die Zukunft sieht wie durch ein Fernglas. Der Gemüseeintopf steht für einen guten Zusammenhalt der Familie, da die ja auch aus ganz verschiedenem Gemüse besteht, das aber doch gut zusammen passt. Und die Krabbe, die sich beim Kochen krümmt, steht für gute Gesundheit bis ins hohe Alter. Weil ihre Gestalt an die Wirbelsäule eines alten Japaners erinnert, der mit krummem Rücken fröhlich durch die Strassen streift.
Neben den Symbolen gibt es auch noch sprachliche Assoziationen. "Seetang" heisst auf Japanisch "KOBU" und "zufrieden" heisst "yoroKOBU". So steht es für Zufriedenheit im neuen Jahr.

Das Wünsche auch ich euch. Machts gut.

Samstag, 13. Dezember 2008

Mehr Platz, bitte.

In Tokyo gibts ziemlich viele Leute auf ziemlich kleinem Platz.
Die Populationsdichte in Tokyo beträgt knapp 6000 Pers./km2 während in Kasachstan knapp 6 Personen auf einem Quadrakilometer wohnen.

Nun was macht man da? Beispielsweise baut man ein WC, das sich in eine Dusche umbauen lässt. Und wenn der Wohnraum irgendwann nicht mehr optimiert werden kann und man nahe an der Küste wohnt kommt man bald mal auf die Idee, die Schaufel zu nehmen und sich Land aufzuschütten.

Dies wurde in der Tokyobucht und der südlich davon gelegenen Halbinsel Chiba im grossen Stil betrieben. Anfangs nur für Hafenanlagen, später wurden auch empfindlichere Strukturen auf diesem Sand gegründet. So ganz grob ausgedrückt ist Baugrund desto besser, je älter, dichter gelagert und weniger gesättigt er ist. Man kommt also einfach zum Schluss, dass diese Aufschüttungen an der Küste wirklich schlechte Eigenschaften haben, v.a. in einer tektonisch so aktiven Region wie Kanto. Der Grund verliert seine Steifigkeit und sogar seine Konsistenz bei einem starken Erdbeben und verhält sich eher wie ein Schlammhaufen als wie ein fester Baugrund (= sog. Bodenverflüssigung, siehe auch kleines Video).

An unserem Institut wird genau diese Situation seit langem untersucht, hauptsächlich am Rütteltisch.

Jedenfalls hab ich diese Tage einige alte Karten von den betroffenen Gebieten bekommen. Unten seht ihr im Foto links ein Bild der Küste von Chiba aus der Meji-Periode (ca. 1880), rechts davon denselben Ausschnitt aus 2005. Es wurde eine riesige Fläche aufgeschüttet! Das schau ich mir jetzt mal genauer an...

 

Mittwoch, 10. Dezember 2008

Leseecke im "Conbini"

In Tokyo gibt es buchstäblich an jeder Ecke (des Häuserblocks, also alle paar Hundert Meter) einen "Convienient Store". Wie alle Englische Wörter wird er so ausgesprochen, wie er in Katakana geschrieben wird. Das tönt dann so etwa wie "Conbiini".
Girlfriend wird dann zu "Garufurendo", Computer zu "Konpyuutaa", Cycling zu "Saikuringu" und Florian Dieterle zu "Frorian Diitele".

Er hat 24h täglich offen, meist arbeiten junge Leute dort, es gibt von der Milch über Reis und Pflastern bis zur Socke fest alles fürs tägliche Wohl auf sehr kleinem Raum. Und es gibt v.a. eines: eine Leseecke! Das ist ein kleines Gestell mit Zeitungen, bunten Zeitschriften und v.a. Mangas. Und das unglaubliche ist: zu jeder Tages- und Nachtzeit steht dort jemand und blättert in den Mangas (Mangas werden oft fast im Daumenkinotempo konsumiert, nicht wirklich gelesen). Wenn ich mitten in der Nacht mit dem Velo durch die Strassen fahre, finde ich an jeder Ecke im grellen Licht des Conbini eine Person, das Gesicht hinter einem dicken Manga versteckt.
Sowieso gibt es in Tokyo überall Leute. Selbst dort wo man sie nie erwarten würde.
Ich trete also kurz ein, alle Angestellten rufen mir "Irasshaimasse"(Willkommen im Geschäft) zu, eine Person packt mir mein Sushi zusammen mit Stäbchen und einem Feuttüchlein in ein Säckchen während die andere Person im Gegenzug Hunderte Yen entgegennimmt. Zwei Minuten später bin ich schon wieder auf dem Rad und höre noch den Chor nachhallen "Arigato gozai mashta" (Vielen herzlichen Dank).

Dienstag, 9. Dezember 2008

Gefängnissimulation als Partyknüller

Wir bildeten eine ziemlich grosse Gruppe beim Abschiedsfest von Lin, die Tokyo verliess. So war es nach dem Peruanischen Restaurant schwierig eine Bar zu finden, die noch genügend Platz für alle fand. Wir hielten vor der grossen Tafel "Jail Bar" inne, die Platz für Gruppen versprach, schüttelten aber den Kopf und zogen weiter. Nach weiterer erfolgloser Suche stiegen wir aber doch verzweifelt in den Keller jener Bar. Im Keller angekommen musste sich jemand in Handschellen legen lassen (siehe Bild) und wir gingen durch das Labyrinth zu unserem Kerker, natürlich nicht ohne dass ich ständig gefragt worden wäre, ob die Handschellen auch wirklich nicht schmerzten.


Im Kerker angekommen gabs wilde Drinks aus Spritzen und Reagenzgläsern und als das Licht ausging, tanzte noch irgendein verkleidetes Monster durch den Kerker und brüllte die Melodie zur Hintergrundmusik.

Nur weiterer Auswuchs der Tokyoter Ausgangsszene, dachte ich beim heimspazieren.
Weitere exzentrische Lokale sind auf Gajin Tonic zu finden.

Montag, 8. Dezember 2008

Das Wandern ist des Senseis Lust

An einem sonnigen Sonntagmorgen treffen sich ein erfahrener Japanischer Professor und ein unerfahrener Schweizer Student für eine kleine Wanderung. Die Reise geht mit Bahn und Taxi quer durch die Halbinsel Chiba im Süden von Tokyo. Dort gab es in letzter Zeit einige Fehlinterpretationen von Erdbebenaufzeichnungen. Und diese zwei Wandervögel versuchen an Hand von wenigen Informationen über die Geologie, Topografie und Siedlungsentwicklung auf ihrer Reise herauszufinden, wie gefährdet diese Zonen wirklich sind.

Der Student lernt viel, sieht die kleinen Zeichen für schlechten Baugrund (siehe konkexe Strassenoberfläche im Foto). V.a. lockeren, gesättigten Sand wollen sie identifizieren.



Nach einem entspannten Tag mit der fast väterlichen Betreuung denkt der Student bei einem Bier: "So etwas wäre mir in der Schweiz niemals passiert. Vielleicht hab ich die strenge Japanische Hierarchie zu früh verurteilt..."

Samstag, 6. Dezember 2008

U-Bahn

Wenn man von der Strasse die Treppe hinuntersteigt zur U-Bahn und gerade eine Bahn in die Station einfährt (und dies ist wahrscheinlich, denn die Treppen sind lang und die Taktzeiten kurz), dann blästs einem den Wind um die Ohren. Wenn man da noch abstehende Ohren hätte, wäre das Gefühl wohl noch viel intensiver, aber auch so fühle ich mich fast schwerelos, wenn ich spätabends in die U-Bahn gleite.

Langer Zugangsweg

Bei der Wahl der Route, sollte man übrigens immer die "alten" Linien bevorzugen, denn die sind oberflächennaher und damit sind die Zugangswege viel kürzer. Je mehr Linien entstanden in der Vergangenheit, desto tiefer musste man bauen um die bestehenden Linien zu untergraben.

Zugangsbarriere im Reparaturzustand

Und am Rande bemerkt: Entgegen der landläufigen Meinung, ist es nicht schwieriger einen Tunnel vorzutreiben, je tiefer man geht. V.a. oberflächennahe Tunnels haben oft Erschütterungen und Setzungen von Nachbarbauten zur Folge und die Qualität des Baugrundes nimmt mit der Tiefe grundsätzlich zu.

Freitag, 5. Dezember 2008

Herbstfarben

In Tokyo haben sich die Blätter verfärbt und beginnen zu fallen. Es gibt eine Gruppe von Leuten hier - ich weiss nicht wie man die bezeichnen soll, die immer in irgendeiner Uniform an irgendeinem Strassenrand stehen, einmal winken sie die Verkehrsteilnehmer an einer kleinen Baustelle vorbei, ein anderes Mal stehen sie nur rum und ein wieder anderes mal, wie diese Tage, sammeln sie Herbstblätter in grosse Säcke, sodass die ganzen Strassen völlig blattlos bleiben. Nur auf dem Uni Campus gibts noch Blätter.

Dies ist ein Bild des uralten, von Aussterben bedrohten Ginkgo-Baumes vor meinem Gebäude. Das Blatt dieses lebenden Fossils ziert auch das Siegel der Uni Tokyo. Zu recht.

Donnerstag, 4. Dezember 2008

Sport im Alltag

Das Leben in der Grossstadt bietet sehr vieles. Doch eines bietet es nicht: unberührte Natur. Ich kann also nicht mit dem Mountainbike durch die Wälder rocken sondern bin eher im Sportzentrum am schwitzen (es gibt dort auch eine Sauna).
Auf dem Uni Campus gibts ein Sportzentrum wo ich sehr regelmässig ins Krafttraining und schwimmen gehe. In einigen Schwimmbädern müssen die Badegäste einmal stündlich das Wasser verlassen und es werden Proben der Wasserqualität genommen. Wenn alles ok ist, kann man wieder die Bademütze montieren und ins hüfthohe Wasser gleiten. Unter der scharfen Beobachtung von ebenso scharfen Bademeisterinnen. Wenn man seine Bademütze verliert, beginnen sie gleich zu pfeiffen.
Es gibt auch diverse Clubs an der Uni vom Pingpong über Jonglieren bis Aerobic. Die Japaner machen das wie alles mit vollem Einsatz. Sie betreiben meist nur eine Sportart, aber dafür fast täglich. Durch diese Spezialisierung sind sie meist sehr geschickt und haben auch grossen Ehrgeiz. Trotzdem werde ich überall mit offenen Händen aufgenommen.

Als ich mal äusserte, dass ich gerne Sport betreibe bekam ich grad ein Email vom Fussballclub, ob ich denn am nächsten Sonntagmorgen Zeit hätte. Tor habe ich allerdings keins erzielt.

Unser Lab nahm auch an einem Volleyball-Tournier teil, wo ich natürlich als Block unabdingbar beachtet wurde.



Dadurch, dass ich teilweise so viel Sport betreibe wie zu meinen (vergangenen) Leistungssport-Zeiten zusammen mit der Sushi-Diät, habe ich vermutlich auch einige Kilogramm verloren.
In Japan sieht man sowieso fast keine Uebergewichtigen.

Mittwoch, 3. Dezember 2008

Auf zwei Rädern nach Nordosten

Tokyo ist eine nicht ganz günstige, aber sehr sichere Stadt. Dies und die Tatsache, dass es in der U-Bahn nichts zu sehen gibt als schlafende Japaner haben mich zum Entscheid geführt, die Stadt täglich auf zwei Rädern zu durchqueren.
Ich habe mir also gleich zu Beginn ein tolles Rad gekauft auf dem ausgetrockneten Occasionsmarkt. Natürlich nicht irgendein Rad, sondern ein wirklich schönes. Es besteht im Wesentlichen aus einem Rahmen und zwei Rädern in edelster Qualität. Auf Gangschaltung und Bremsen wird aus Purismus verzichtet. Das nennt man Fixie. Das tönt vielleicht mehr nach japanischem Kamikaze als japanischer Aesthetik, wäre aber fehlinterpretiert.
Der Fahrstil muss natürlich angepasst werden. Ich schaue weit voraus und beobachte alle Verkehrsteilnehmer und fliesse mit ihnen mit und Ausweichen hat Priorität vor Stoppen. Vor Kurven muss ich das Tempo entsprechend meinem Bremsweg reduzieren. Da der Antrieb fix ist, reduziere ich die Geschwindigkeit indem ich die Pedale bremse anstatt antreibe. Das Bergabfahren wird also mindestens ebenso anstrengend wie bergauf, einfach dass das Drehmoment in umgekehrter Richtung aufgebracht wird.
Im Notfall blockiere ich das Hinterrad einfach. Das wird Skidding genannt und ist ziemlich schwierig.
Auf der Gerade jedenfalls ist das Velo super schnell. Schliesslich stellen die Bahnfahrer ja auch Geschwindigkeitsrekorde mit solchen Rädern im Velodrome auf.
In Tokyo gibts es zwei Klassen von Radfahrern. Diese, die mit schweren Damenvelos auf dem Gehsteig herumkurven und manchmal gar einen Schirmständer am Lenker montiert haben und jene, die mit Topvelos und Helm durch die Strassen rasen, um die Taxis kurven, stets in der Hoffnung dass die Taxis nicht plötzlich eine Vollbremsung machen beim Ersichten eines potentiellen Kunden. Zur zweiten Kategorie gehören hauptsächlich Velokuriere und Austauschstudenten.

Für das Fahrrad braucht man neben der Antidiebstahl-Rahmenregistrierung auch einen Parkplatz (das sind die farbigen Aufkleber auf der Sattelstütze im Foto). An der Uni ist das gebührenfrei aber am Bahnhof kostet das etwa einen Franken pro Tag, woran ich mich noch nicht gewöhnen konnte und so steht mein Velo meist irgendwo an einen Baumstamm gekettet.


Ein anderes Thema ist die Orientierung. Tokyos Strassen erinnern mehr an ein Spinnennetz als an gerade Quadratblocks und die Gebäude sehen sich z.T. sehr ähnlich.
Mein Pendlerweg vom Komaba-Campus im Südwesten wo ich wohne zum Hongo-Campus im Nordwesten wo mein Lab ist, geht wirklich quer durch Tokyo. Die erste Woche konnte ich ohne Kompass und Karte überhaupt nichts finden, inzwischen ist mir das ganze schon viel vertrauter und brauche nur noch 40min für diese Strecke. Anfangs wars das Doppelte.
Jedenfalls werden die Temperaturen auch hier langsam etwas kälter und sind momentan so rund 10 Grad C. Dies hat mich dazu bewogen, dass ich schlussendlich doch einen U-Bahn-Monatspass gekauft habe für mehr als 80 CHF. Aber die Reisezeit bleibt dieselbe.

Dienstag, 2. Dezember 2008

Adventsblog

Mir gefällt die Idee ebenfalls, einen Adventskalender mit kleinen Geschichten zu schaffen. Jeden Tag könnt ihr ein Türchen öffnen und kleines Bildchen aus Tokyo sehen.

Gestern war ich mit zwei Freunden Sushi essen. Nicht einfach paar herzige Sushis, sondern "tabehodai" (=all you can eat). Ich habe den ganzen Nachmittag nichts gegessen, was ja eher ungewöhnlich ist für mich wie ihr wisst. Nur Wasser getrunken und darüber nachgedacht, welche Sushis ich als erstes bestellen soll.
Sushis sind übrigens nicht nur die in grünen Seetang (=Nori) gerollten Reis mit Gemüse, wie sie jeder kennt. Vielmehr sind es kleine Reisbällchen mit rohem Fisch darauf. Der knallrote Thunfisch kann den Gaumen da ebenso erfreuen wie der weisse Tintenfisch oder die orangen Lachseier.

Es wird sowieso vieles roh gegessen in Japan, was natürlich nur geht, weil die Qualität der Zutaten sehr hoch ist. Der Fischmarkt ist einmalig.

So haben wir uns also für rund 13 CHF ein Spiel daraus gemacht zu beweisen, wer Sushi am liebsten mag. Für diesen Preis muss man sich allerdings den Grüntee selbst aus dem Automaten holen.

Seid also sicher, ich hab auch ein Sushi für euch gegessen.